VOM TISCHLER ZUM DESIGNER
Der Beruf des Tischlers wird oft als kreativ und abwechslungsreich beschrieben. Weshalb ich aber trotzdem nicht zufrieden war und mich für eine Designausbildung entschieden habe und wie diese verlaufen ist.
Von der Tischlerausbildung zur Motivationskrise:
Im August 2004 habe ich eine Lehre zum Tischlereitechniker bei der Tischlerei Ladner in Kappl begonnen. Meine Lehrzeit war abwechslungsreich und ich konnte mir in vielen Bereichen handwerkliches Know-how aneignen. Aber wie man so schön sagt, vieles lernt man erst nach der Lehre oder ab dem Zeitpunkt, wo man selbst Verantwortung übernehmen darf oder vielmehr muss. Aus diesem Grund war es mir auch wichtig, nach der Lehre weitere Erfahrung zu sammeln. 2010 habe ich dann mit der Meisterausbildung angefangen. Nicht mit dem Ziel, sofort selbstständig zu werden, sondern mir das größtmögliche Wissen als Tischler anzueignen. Um es bereits in jungen Jahren im Beruf nutzen zu können. Nach der Meisterprüfung habe ich weiter als Tischler gearbeitet. Meine Tätigkeiten erstreckten sich quer über die Tischlerlandschaft - von der Planung und Arbeitsvorbereitung über die Produktion bis hin zur Montage beim Kunden. Mit der Zeit hatte ich aber immer wieder mit Motivationsproblemen bei der Ausführung von Projekten zu kämpfen. Aber wie konnte das sein? Der Tischlerberuf wird immer als herausfordernd, abwechslungsreich und kreativ beschrieben. Was ich grundsätzlich auch bestätigen kann. Bei Großaufträgen konnte es aber passieren, dass man wochenlang ähnliche Arbeitsschritte ausführen musste. Ebenso war die Herstellung vieler Möbel nur körperlich herausfordernd, da es gestalterische Standardausführungen waren, die so bis heute von fast allen Tischlereien produziert werden. Meine Unzufriedenheit hatte aber auch mit meiner Persönlichkeit zu tun. Denn manche Menschen wollen immer gleichbleibende Arbeiten ausführen und scheuen sich vor dem Neuen und der Herausforderung. Für andere Menschen hingegen ist das genaue Gegenteil der Fall. Für mich ist bis heute die Herausforderung am Neuen und Unbekannten der größte Motivationstreiber.
Erster Anlauf – Innenarchitektur:
Ich wollte etwas verändern und gestalterisch tätig werden, um Einfluss zu nehmen und Veränderung zu schaffen auf das, was ich und andere produzieren. Mit meiner Ausbildung zum Tischlereitechniker mit Schwerpunkt Planung und der Meisterprüfung hatte ich bereits erste Erfahrung in der Planung. Allerdings war diese sehr technisch angehaucht. Daher wollte ich Gestaltung ganzheitlich lernen und nicht nur ausüben. 2015 entschied ich mich daher für eine Ausbildung am Designkolleg in St. Pölten mit dem Ziel, mehr in der Innenarchitektur Fuß zu fassen, doch es kam anders …
Bis dahin hatte ich ein sehr eingeschränktes Sichtfeld, was die Designlandschaft angeht. Dabei lag mein Fokus vorerst hauptsächlich auf der Möbel- und Raumplanung. Andere Gestaltungsrichtungen waren mir teilweise noch gar nicht bekannt. Durch die breit ausgerichtete Gestaltungsausbildung am Designkolleg änderte sich das. Die Lehrinhalte deckten Bereiche von der Architektur und Innenarchitektur hin zum Möbel- und Produktdesign sowie Einblicke ins Grafik- und Informationsdesign ab. Im Laufe der Ausbildung zeigte sich bei mir dann immer mehr die Begeisterung für das Gestaltungsfeld Produktdesign, da es für mich genau die Herausforderungen abdeckte, nach denen ich gesucht hatte. In der Innenarchitektur bleibt oft keine Zeit für »besondere« Möbelgestaltung, solche Möbel werden dort oft von Herstellern bezogen, die sich mit Design beschäftigen. Damit erkannte ich auch, dass ich mein handwerkliches Know-how am besten im Produkt- und Möbeldesign einbringen konnte. Aus diesem Grund entschied ich mich 2017, das Bachelorstudium Design, Handwerk und materielle Kultur an der New Design University in St. Pölten zu beginnen.
Hochschulausbildung zum Produktdesigner:
Im Studium konnte ich mein Designwissen sowie meine gestalterischen Kompetenzen weiter vertiefen. Durch den wissenschaftlichen Zugang eröffneten sich für mich völlig neue Perspektiven und ein klares Verständnis, wie man mit Design auf Probleme reagiert. Der Studiengang Design, Handwerk und materielle Kultur hat für mich genau das, was ich bereits konnte, mit dem, was ich noch lernen wollte, verbunden und dadurch meine Lücke zwischen dem Handwerk und Design geschlossen. Da ich mich nach dem Abschluss weiter wissenschaftlich vertiefen und Randgebiete zum Design erschließen wollte, entschied ich mich anschließend für den Masterstudiengang Design und Produktmanagement an der FH Salzburg in Kuchl. Ich wollte nicht ein weiterführendes Studium besuchen, das sich ausschließlich mit Gestaltung beschäftigt, sondern auch neues Wissen aus anderen Bereichen vermittelt. In Kuchl konnte ich dann unter anderem in den Bereichen Marketing und Management sowie mit dem Schwerpunkt Circular Economy viel neues Wissen mitnehmen. Aber auch beim wissenschaftlichen Arbeiten vertieft weitere Forschungsmethoden kennenlernen. Mein Gestaltungsblick erweiterte sich damit nochmals. Bei einem Gestaltungsprojekt erschließen sich daher auch geschäftliche Aspekte, die berücksichtigt werden können. Den Abschluss meiner Masterausbildung konnte ich im Sommer 2023 feiern. Seitdem arbeite ich als freier Designer.
Fazit:
Heute bin ich froh, die Entscheidung getroffen zu haben, etwas an meiner damaligen Situation als Tischler geändert zu haben. Denn ansonsten würde ich wahrscheinlich jetzt noch wie 2015 arbeiten. Auch ein Wechsel der Arbeitsstelle hätte nichts gebracht, da ich ja nicht mit dem Arbeitgeber unzufrieden war. Ohne Designausbildung wären mir viele spannende Erlebnisse und Wissen verwehrt geblieben. Meine Arbeit während dieser Zeit mit allen Ideen und Entwicklungen sowie der Forschungsarbeit hätte nicht stattgefunden. Eine Designausbildung in Form eines Designstudiums kann ich daher nur empfehlen. Sicherlich kann man sich heute auch vieles persönlich aneignen, aber sind wir ehrlich, wer investiert neben der Arbeit so viel Zeit in seiner Freizeit? Außerdem gibt es keinen Ersatz für den Kontakt mit Gleichgesinnten und den Austausch in interdisziplinären Gruppen. Zudem entsteht ein individuelles Netzwerk, das auch nach dem Studium sehr bereichernd ist!