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DESIGNBLOCKADEN IM ENTWURFSPROZESS

Weshalb kann praktisches und technisches Wissen im Entwurfsprozess zu Designblockaden führen? Gedanken, wie etwas auszusehen hat, dass es schlussendlich produziert werden kann, können die Kreativität im Entwurfsprozess massiv einschränken. Als Tischler mit mehrjähriger Berufserfahrung hatte ich während meiner Designausbildung öfter Gedanken wie: So ein Entwurf macht keinen Sinn – der lässt sich nicht realisieren. Wie kann man sich von solchen Blockaden lösen?

Technisches Verständnis durch das Handwerk

Wenn man eine Handwerkslehre in einem Gewerbe wie zum Beispiel Tischler oder Schlosser absolviert und anschließend längere Zeit im erlernten Beruf arbeitet, hat man eine klare Vorstellung, wie etwas auszusehen hat, damit es funktioniert. Die technische Umsetzbarkeit eines Produkts steht dabei fast immer im Vordergrund. In solchen Betrieben ist oft die Planungsabteilung auf das praktische Wissen der produzierenden Handwerker angewiesen. Der Grund hierfür ist meistens ein mangelndes Verständnis für die Umsetzbarkeit. Oft kommen Absolventinnen und Absolventen von höheren technischen Schulen in die Planungsbüros von Handwerksbetrieben. Aufgrund ihrer vorwiegend schulischen Ausbildungen haben viele Probleme bei der Umsetzbarkeit ihrer Entwürfe. Die Hauptgründe dafür dürften die mangelnde praktische Erfahrung sowie die Überführung von technischem Wissen in die Praxis sein. Es gibt Ausbildungen, bei denen das erkannt wurde, allerdings ist es schwierig, in einem schulischen Umfeld oder während eines Praktikums eigenständig zu arbeiten. Denn am meisten praktisches Wissen sammelt man erst nach einer Ausbildung bzw. Lehre. Wenn man zum Beispiel als Geselle eigenständig an Projekten arbeitet. Auch wenn man sich mit einem handwerklichen Hintergrund für eine Designausbildung entscheidet, kann das technische Verständnis und praktische Wissen teilweise zu Schwierigkeiten führen.

Designausbildung mit einem handwerklichen Hintergrund

Der handwerkliche Hintergrund kann bei einer Designausbildung sowohl Fluch als auch Segen sein. Im Entwurfsprozess kann es zu Problemen kommen, indem man sich zu viele Gedanken zur Realisierbarkeit der Entwürfe macht. In meinen ersten Jahren meiner Designausbildung hatte ich daher immer wieder Entwurfsblockaden. Dabei blockierten mich Gedanken wie: “Das geht technisch nicht, das ist nicht produzierbar oder das ist zu teuer. Je länger meine Ausbildung dauerte, desto besser konnte ich mit solchen Blockaden umgehen und sie schließlich so gut wie ablegen. Heute beginne ich größtenteils zu entwerfen, ohne dabei bei jedem Bleistiftstrich sofort an die Umsetzbarkeit zu denken. Das hat mir einen enormen Schub bei meiner Kreativität gegeben. Zudem haben mir wissenschaftliche Methoden dabei geholfen, konkretere Anforderungsprofile an einen Entwurf zu stellen. Im Rahmen meiner schulischen Designausbildung wurden Projekte meistens nicht sehr tiefgründig und methodisch erarbeitet, was oft dazu geführt hat, dass man etwas auf gut Glück zu einem Thema entworfen hat. Später im Studium brachten neben der Theorie zu einem Thema vor allem Interviews, Befragungen oder Experimente neue Erkenntnisse. Die mir eine Entwurfsrichtung vorgegeben haben und somit das Entwerfen erleichterten.

Herausforderungen im Entwurfsprozess meistern

Wenn man als Handwerker oder Techniker in einen kreativeren Gestaltungsberuf wechseln möchte, sollte man sich vom geradlinigen Denken befreien. Studierende mit einem schulischen Hintergrund entwerfen meistens viel unbekümmerter, da sie nicht nach Normen oder fixen Vorstellungen von einem Produkt entwerfen. Eine eingeschränkte Denkwelt ist bei einem kreativen Entwurfsprozess aber nicht förderlich, da sie das Denken außerhalb des Bekannten und des Gewöhnlichen verhindert. Gedanken “Out of the box” werden dadurch blockiert. Der Entwurfsprozess kann dadurch zur inneren Zerreißprobe werden. Zudem kann es auch sein, dass man sich beim Entwerfen nicht aus der Komfortzone traut (das muss alles im machbaren Rahmen bleiben). Es gilt aber auch zu berücksichtigen, dass einem nicht alle Arbeiten im Laufe einer Designausbildung gleichermaßen liegen. Man sollte sich daher auf keinen Fall von einem einzigen Projekt aus der Bahn werfen lassen! Herausforderungen gehören dazu, denn davon lernt man oft am meisten.

Fazit

Wenn man sich in der Entwurfsphase von technischen Zwängen lösen möchte, so benötigt dies Zeit. Diesen Prozess muss man lernen und kann man nicht von heute auf morgen können, als würde man einen Schalter umlegen. Dabei kann es helfen, den Entwurfsprozess in mehrere Stufen zu unterteilen. In einer ersten Phase werden alle technischen Aspekte und Machbarkeitsvoraussetzungen ausgeblendet. In einer zweiten Phase werden Möglichkeiten eruiert (das könnte funktionieren) und in der dritten Entwurfs- oder Gedankenphase wird die technische Umsetzbarkeit erarbeitet. Das Gehirn kann sich damit immer nur auf eine Denkaufgabe konzentrieren und wird nicht von parallel laufenden Denkprozessen abgelenkt, was eine kreative Blockade auslösen könnte. Natürlich muss jeder persönlich herausfinden, was bei sich am besten funktioniert. Mir hat diese Vorgehensweise im Laufe der Zeit zur Befreiung von technischen Zwängen während des Entwerfens geholfen. Wie ist es Euch ergangen oder ergeht es mit dieser Thematik?